Du bist bestimmt auch schon darüber gestolpert: Anhänger der alternativen Medizin beschweren sich über die klassische Schulmedizin. Ärzte und Schulmediziner dagegen schütteln entnervt den Kopf, wenn du ihnen erzählst, dass du beim Heilpraktiker in Behandlung bist oder Homöopathie nimmst.
IN DIESEM ARTIKEL MÖCHTE ICH WEDER DIE EINE NOCH DIE ANDERE METHODE DURCH DEN DRECK ZIEHEN, SONDERN ERKLÄREN, WORIN DER UNTERSCHIED ZWISCHEN DER WESTLICHEN MEDIZIN UND ALTERNATIVEN BEHANDLUNGSANSÄTZEN LIEGT.
Vorab möchte ich klarstellen, dass ich der Meinung bin, dass sowohl die westliche Schulmedizin als auch alternativmedizinische Ansätze ihre Berechtigung haben und wichtig sind! Was ich mir dagegen wünschen würde wäre mehr Austausch und Offenheit für andere Behandlungsansätze.
WAS IST ALSO DER SCHULMEDIZINISCHE, WESTLICHE ANSATZ?
In der Schulmedizin werden meist einzelne oder einige, zusammenhängende Parameter und Symptome betrachtet, untersucht und behandelt. Jeder Facharzt hat sein Spezialgebiet und ist darin absoluter Profi. Hat ein Patient zum Beispiel Darmbeschwerden wird der Gastroenterologe vermutlich ein Gespräch mit dem Patienten führen und dann anschließend zum Beispiel den Magen- und Darm abhören und eine Magenspiegelung oder Darmspiegelung durchführen. Gibt der Patient an, dass er vermehrt nach dem Konsum von Obst Bauchschmerzen hat, wird auch ein Test auf eine Fructoseintoleranz gemacht. Nehmen wir mal an, die Magenspiegelung zeigt keinen Befund, der Fructosetest ist positiv. Der Arzt wird nun dem Patienten dazu raten, Obst zu reduzieren und es nur in kleinen Mengen, zusammen mit anderen Lebensmitteln zu essen.
Der Patient hält sich an den Rat, hat aber immer wieder Beschwerden. Er merkt zum Beispiel, dass er das Gefühl hat, noch Allergien zu haben. In diesem Fall muss der Patient auch einen Allergologen aufsuchen, der dann einen Allergietest durchführt. Nun steht der Patient mit den Diagnosen Fructosemalabsorption und einer Handvoll Allergien da und soll seine Ernährung umstellen. Damit ist in den meisten Fällen die Behandlung beendet.
Leider ist eine Ernährungsumstellung aber langfristig oft frustrierend für den Patienten und kann, je nach Schwere der Allergien und Unverträglichkeiten, den Speiseplan erheblich einschränken.
In der Schulmedizin werden Symptome erfasst und anschließend mit Medikamenten und Verhaltensänderungen eingedämmt. Ein Medikament bei Diabetes liefert das fehlende Insulin. Zusätzlich wird die Ernährung angepasst. Es wird nicht weiter untersucht, warum der Körper gerade jetzt und an dieser Körperstelle seine Dienste einschränkt. Die Selbstheilungskräfte des Körpers stehen nicht im Vordergrund, sondern die Symptombehandlung.
DIE ALTERNATIVE MEDIZIN GEHT IMMER VON EINEM GANZHEITLICH ARBEITENDEN KÖRPERSYSTEM AUS.
Auch hier haben Heilpraktiker und alternative Ärzte in der Regel ein Spezialgebiet. Sie schauen aber dennoch mehr darauf, wie die Systeme im Körper zusammen spielen. Ein Heilpraktiker mit dem Schwerpunkt Magen- Darmerkrankungen wird vermutlich eine ausführliche Stuhlprobe machen, ausführlich Unverträglichkeiten und Allergien abklären (sei es im Blut oder mit energetischen Methoden wie der Bioresonanztherapie) und untersuchen, wie er den Darm und die Verdauungsorgane unterstützen kann. Möglicherweise schaut er auch darauf, wie man die Allergieneigung des Patienten abschwächen kann oder ob das Hormonsystem Unterstützung braucht.
Ein alternativ behandelnder Therapeut wird sich immer das gesamte System ansehen und darauf hinarbeiten, den Körper in seinen Selbstheilungskräften zu unterstützen.
WARUM SIND BEIDE ANSÄTZE WICHTIG?
Es gibt viele Fälle im Leben, in denen es meiner Meinung nach immer wichtig ist, zuerst einen konventionellen Arzt aufzusuchen. Stark ansteckende Erkrankungen können im Labor entdeckt werden, medizinische Notfälle werden zuverlässig erkannt und notversorgt. Bei einem Herzinfarkt zählt jede Minute, bevor es zur Behandlung mit Medikamenten kommt. Bei chronischen Darmerkrankungen kann eine Darmspiegelung Tumore und andere, von außen unsichtbare Erkrankungen ausschließen. Ein gebrochener Knochen wird auf dem Röntgenbild erkannt und kann gegebenenfalls geschient oder operiert werden.
Die alternative Medizin dagegen ist immer zur Unterstützung sinnvoll. Dadurch, dass Selbstheilungskräfte angeregt werden, kann der Knochen schneller heilen, die selbst produzierte Insulinmenge beim Diabetiker eventuell wieder steigen, die Rheumaschübe mit starken Schmerzen seltener auftreten. Eine Darmsanierung kann helfen, dass der Verdauungstrakt mit der Fructose aus Obst wieder besser zurecht kommt und möglicherweise wieder mehr Enzyme zum Fructoseabbau herstellen kann.
WIE KÖNNTEN BEIDE METHODEN BEI VERDAUUNGSBESCHWERDEN KOMBINIERT WERDEN?
Unser Patient mit den Magen-Darmbeschwerden kann dementsprechend zuerst beim Gastroenterologen eine ausführliche Diagnostik beanspruchen. Ein alternativer Behandler kann ihn anschließend dabei unterstützen, die Magen- Darmbeschwerden wieder zu reduzieren und Reaktionen auf Lebensmittel zu verringern.
Ich habe ursprünglich Physiotherapie studiert und tatsächlich vereinen viele Physiotherapeuten ganzheitliche Denkansätze, sind offen für Studien und westliche Methoden, genauso aber auch für fernöstliche Methoden wie Akkupressur. Tatsächlich hat sich in den letzten Jahrzehnten viel gewandelt bei den Physiotherapeuten. Einerseits werden mehr und mehr Studien und Evidenzbasierte Medizin eingesetzt. Andererseits weiß man heute, dass es keinen Sinn macht, nur die schmerzhaften Strukturen, Gelenke und Muskeln zu untersuchen, sondern den gesamten Körper zu betrachten. Denn eine Fußfehlstellung kann sich genauso auf die Hüfte auswirken (da alle Gelenke in einer Funktionskette zusammen arbeiten), wie Nackenbeschwerden mit Problemen im Arm zusammenhängen können. Es wäre wünschenswert, wenn auch andere Heilberufe sich für beide Ansätze öffnen würden. Die Patienten können davon, meiner Meinung nach, nur profitieren.
Ich merke gerade, dass dieser Artikel nicht, wie geplant, nur die Unterschiede aufzeigt, sondern vor allem dazu ermutigt, beide Ansätze zu nutzen. Wir leben in einer Gesellschaft, in der wir das Privileg haben, beides zur Verfügung zu haben.
P.S.
Ich persönlich habe bei der Behandlung starker, vielfältiger Beschwerden sehr viel ausprobiert und richtig gute Erfahrungen mit alternativen Heilmethoden gemacht. Da ich immer wieder gefragt werde, welche Methoden gut sind, was sie bringen und was wofür gut ist, habe ich in einen neuen Onlinekurs aufgenommen, bei dem es genau darum geht. Ich erkläre verschiedene alternative Heilmethoden, wie sie funktionieren und was sie bei Intoleranzen, Allergien und chronischen Beschwerden wie Neurodermitis, Migräne und Rheuma bringen können.